Wir schenken uns nichts


Neulich waren Edouard und ich in einer Fussgängerzone unterwegs. Wir hatten nichts bestimmtes im Sinn und suchten auch nicht nach bestimmten Dingen. Wir waren einfach nur unterwegs und schauten uns interessante Auslagen in den Schaufenstern an.

Es ist schon erstaunlich, was es so alles zu kaufen gibt, stellte Edouard fest. Ja, stimmte ich zu, manchmal sind bestimmte Dinge allerdings schön, auch wenn sie keinen richtigen Sinn ergeben. Sie erfreuen einen, zumindest für eine bestimmte Zeit. Danach verschwinden sie entweder in Rumpelkammern oder werden auf Flohmärkten verramscht.

Kann man Flöhe kaufen?, fragte Edouard verdutzt. Ich musste lachen und stellte mir kurz einen Floh-Markt vor, auf dem Floh-Händler Flöhe anboten, so als sollten Autos verkauft werden. Durch Lupen könnte man dabei den Floh-GTX oder den Floh-Six-Wheeler bewundern, bevor man sich über Finanzierungsmodelle unterhält. Nein, antwortet ich, der Name Flohmarkt ist wahrscheinlich im Spätmittelalter entstanden. Wurden damals getragene Kleidungsstücke gehandelt, wechselte dabei auch so mancher Floh den Wirt.

Mein Begleiter nickte und wir kamen wieder auf die schönen Dinge zurück, die man kaufen kann. Warum kauft man schöne Dinge?, fragte Edouard. Man kann sie z.B. verschenken. Aber ob man etwas schön findet, ist doch sehr unterschiedlich. Ich kann etwas schön finden, was dir gar nicht gefällt.

Dem musste ich zustimmen. Das gehört zum Schenken dazu. Es ist eine Kunst, das heraus zu finden. Dabei kann man sich natürlich auch irren. Auch Schenken will gelernt sein. Ich schenke übrigens sehr gerne.

Also ist es eine risikoreiche Sache, schöne Dinge zu verschenken, schlussfolgerte Monsieur Mouton. Ach was, warf ich ein, wenn man jemanden gut kennt, oder sich mit jemandem beschäftigt, ist es ganz leicht. Manchmal reicht schon, wenn man gut zuhört. Haben Sie noch nie einem anderen Schaf etwas geschenkt?

Wir Schafe schenken uns nichts!, war die prompte Antwort, die man aus menschlicher Sichtweise auch so verstehen kann, als wenn man dem Anderen nichts gönnt. So kann man mit Geschenken ebenso daneben liegen, wie mit Aussagen.


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